„Kennst Du den genialen virtuellen Visitenkarten-Speicherplatz XING?“ Diese Frage hatte mich am 30. April 2006 dazu bewogen, ein XING Profil zu erstellen. Seitdem sind 15 Jahre vergangen.
Was heute unsere alltägliche Kommunikation begleitet – die Präsenz in den Business-Netzwerken – war 2006 noch neu und unbekannt. Smartphones waren in der Entwicklung und Netzwerken beschränkte sich auf persönliche Treffen und Austausch per Telefon. Ich erhoffte mir mit der XING Anmeldung dementsprechend persönliche Sichtbarkeit in einem neuen Umfeld.
2007, als in Europa das erste Smartphone verkauft wurde, hatte ich deshalb bereits eine leise Ahnung, wie sehr sich nicht nur Sichtbarkeit, sondern auch Kontaktaufbau und -pflege verändern würden. Die Möglichkeit, immer und überall mit meinen virtuellen Kontakten zu kommunizieren, hat mich direkt fasziniert.
Deshalb wusste ich von Beginn an: Hier möchte ich am Ball bleiben. Dass die virtuelle Vernetzung auch meine berufliche Zukunft beeinflussen würde, war damals noch nicht ersichtlich.
In den letzten 15 Jahren hat sich viel getan. Nach wie vor ist die digitale Kommunikation in einem ständigen Wandel, der uns fordert und gleichzeitig neue Perspektiven bietet. Ich möchte einige meiner Erfahrungen in diesem Artikel mit Ihnen teilen.
Als ich mich erstmals mit der virtuellen Sichtbarkeit und Vernetzung befasste, erkannte ich sehr schnell, dass mein Profil die symbolische „Nadel im Heuhaufen“ war. Es galt also, aktiv zu werden. Ich begann, die Aktivität im Business-Netzwerk XING zu beobachten und merkte rasch, dass sich Netzwerken auf drei Ebenen abspielte:
1. Durch die Vernetzung mit einzelnen XING Mitgliedern
Ich erstellte mir Listen von Personen, mit denen ich den Kontakt pflegen möchte und Expert·innen, denen ich folgen wollte. So entstand die Basisstruktur für mein virtuelles Netzwerk, die ich nach wie vor nutze und laufend ergänze.
Ich nahm Kontakt auf mit:
2. Durch die Mitgliedschaft in Gruppen
XING Gruppen bieten die Möglichkeit, die virtuelle Vernetzung in ein Umfeld zu verlagern, das mit gemeinsamen Interessen verbunden ist. Diese Gemeinsamkeit kann sich auf die Region, Branche oder das Thema beziehen. Rasch wurde mir bewusst, dass nicht die Anzahl an Gruppenmitgliedschaften entscheidend ist, sondern ob ich eine Verbindung mit der Community herstellen kann. Bei der Auswahl der Gruppen gilt es immer zu berücksichtigen, wo ich aktuell stehe und in welchen Gruppen ein wertvoller Austausch stattfinden kann.
Dabei kann man zwischen offenen und geschlossenen Gruppen wählen.
Offene Gruppen: Diese Gruppen sind unverbindlich, mit einem Klick ist man angemeldet, aber auch wieder abgemeldet. Ich nutzte diese Möglichkeit zu Beginn intensiv und traute mich, bei Fragen im Forum zu antworten oder selbst Fragen zu stellen.
Geschlossene Gruppen: Diese Gruppenart erfordert, dass ich mich für die Anmeldung mit dem Gruppenthema und den Anforderungen befasse. Das sorgt im Umkehrschluss für ein Zugehörigkeitsgefühl, was gerade zu Beginn für mich wichtig war.
Heute empfehle ich Seminarteilnehmenden zum Einstieg zwei bis drei regionale Gruppen, zwei bis drei Fach-Gruppen und zwei bis drei Themen-Gruppen.
Es ist absolut legitim, Gruppen zuerst zu beobachten. Ausschlaggebend dafür, ob ich eine Gruppe als aktives und nutzbringendes Netzwerk erlebe, ist, wie sehr ich mich mit der Zeit selbst auch in einer Gruppe einbringe.
3. Durch Events, die eine Verbindung zwischen der Online- & Offline-Vernetzung herstellen
Für mein Verständnis von wertvoller und tragender Vernetzung ist der persönliche Bezug entscheidend. Ich beobachtete, dass offizielle Ambassador-Gruppen unter ihren Mitgliedern nicht nur den Online-Austausch fördern, sondern auch durch reale Treffen eine Verbundenheit herstellen. Mittlerweile ist diese Verknüpfung von Community und Event in vielen Gruppen zu finden. Diese Kombination aus Online- & Offline-Vernetzung nutzte ich von Anfang an und schätze sie noch heute – auch wenn die Events aktuell ebenfalls online stattfinden.
Rückblickend betrachtet war es genau dieser Einstieg über Vernetzung, Events und Gruppen, der XING für mich so wertvoll machte. Durch die monatlichen Treffen mit Geschäftsführer·innen, Führungskräften und Selbstständigen aus der Region empfand ich XING sofort als starkes Netzwerk und nutzte die Möglichkeit, jeden persönlichen Kontakt auch virtuell zu suchen. Umgekehrt suchte ich aktiv die Möglichkeit, virtuelle Kontakte persönlich zu treffen.
Die Verbindung XING Gruppe und XING Events hat mir den Schritt der Kontaktaufnahme leicht gemacht und kann sicherlich auch anderen zum ersten Schritt verhelfen. Auf den Eventsseiten sind die Teilnehmenden im Vorfeld sichtbar. So weiß man, wer von der Gruppe dabei ist und kann das als Aufhänger für die persönliche Vernetzung auf XING nutzen. Umgekehrt war auch ich offen für solche Anfragen, denn Netzwerken ist keine Einbahnstraße.
Meine Erfahrungen im ersten Jahr auf XING zeigten mir, dass sich Netzwerken verändert und bei diesem Wandel die Gruppen in den Business-Netzwerken einen großen Einfluss haben. Deshalb gründete ich 2007 meine erste eigene Gruppe SWONET mit dem Ziel, Frauen in der Schweiz zu vernetzen. Heute ist diese Gruppe das virtuelle Forum der Stiftung SWONET – SWISS WOMEN NETWORK.
Nach wie vor merke ich, wie sehr Moderator·innen den persönlichen Mehrwert des Community Building unterschätzen. Der Einsatz, den eine gut geführte Gruppe fordert, kann auch Türen für sie persönlich öffnen. Denn die Sichtbarkeit durch das ehrenamtliche Engagement im Business-Umfeld stärkt den Expert·innen-Status. Das bietet wiederum den Zugang zu vielen Personen, die sich zum gleichen Thema austauschen.
1. Ich bin bereit, mindestens ein Jahr zu investieren.
Ich war mir von Beginn an bewusst, dass ich zuerst eine gewisse Gruppengröße erarbeiten musste, um im Umfeld meiner Zielpersonen Präsenz zu erreichen. Der gesetzte Zeitrahmen motiviert, stellt aber gleichzeitig einen zeitlichen Meilenstein dar, den es zu erreichen gilt.
2. Ich schaffe eine aktive und für die Mitglieder wertvolle Gruppe.
Das erfordert, dass ich mich von Beginn an aktiv im Forum einbringen muss, um der Gruppe Lebendigkeit und Inhalt zu geben. Gruppen, deren letzter Forenbeitrag Monate her ist, bieten ihren Mitgliedern keinen Mehrwert. Ich sehe mich als Vorbild, das mit der eigenen Aktivität aufzeigt, welche Möglichkeiten uns die virtuelle Kommunikation bieten kann.
3. Ich setzte mich mit der Forenstruktur meiner Gruppe auseinander.
Damit die Mitglieder einen Leitfaden erhalten, wo welcher Beitrag richtig platziert ist, braucht es eine inhaltliche Struktur. Dies vermittelt vor allem bei neuen Mitgliedern Sicherheit und motiviert, selbst erste Beiträge zu veröffentlichen.
4. Ich sehe mich als Schnittstelle zwischen den Mitgliedern
Als persönliche Ansprechpartnerin für die Gruppenmitglieder bin ich achtsam, wo und wie ich verbindend aktiv sein kann. Ich schaffe eine Nähe, die Hemmungen bei der Kontaktaufnahme zu anderen Mitgliedern abbaut.
5. Ich verbinde die Online-Welt mit realen Events, um das Netzwerk spürbar zu machen.
Genau das, was mich persönlich auch abholt, mich begeistert, setze ich in der eigenen Gruppe um. Dafür habe ich ein Moderator·innen Team zusammengestellt, das mit der gleichen Begeisterung wie ich die Mitglieder regional vernetzt. Corona-bedingt haben sich virtuelle Events etabliert. Sie sind zwar kein Ersatz für die realen Events, aber Netzwerkaufbau und Netzwerkpflege innerhalb der Gruppe haben durch die größere Reichweite die gleiche Kraft.
Gruppen und Events sind auf XING eng verwoben und bieten genau diese Online- & Offline-Vernetzung, die so wertvoll ist. Wir brauchen für ein aktives Netzwerk den persönlichen Rahmen der gemeinsamen Interessen, der durch die Anmeldung zu einem Event entsteht. Auch bei Events gibt es für mich jedoch einen persönlichen Leitfaden, den ich berücksichtige.
Immer wieder erlebe ich, wie Personen öffentlich kommunizieren, dass sie sich aus einem Netzwerk verabschieden, da ihnen ein anderes interessanter oder trendiger erscheint. Wer die virtuellen Netzwerke bewusst für sich analysiert, entscheidet nicht aufgrund von Trends und eines neuen Hypes, wo sie beziehungsweise er wertvolle Zeit investiert. Es gilt, die eigenen Bedürfnisse zu hinterfragen und sich dann für die Portale zu entscheiden, die diese am besten abdecken.
Wenn ich ein Netzwerk nicht mehr spüre, d.h. wenn ich nicht mehr die gleiche Aktivität sehe, frage ich mich zuerst: Wie bringe ich mich ein, was hat sich bei mir, meiner persönlichen Aktivität verändert? Gruppen spielen hier eine große Rolle, weshalb die Frage „Passen meine Gruppen noch zum mir?“ absolut berechtigt ist.
Um dies zu verdeutlichen, ziehe ich gern ein Beispiel heran. Nehmen wir den Alltag, wie ihn viele von uns erleben (vor Corona):
Der Arbeitsort ist zentral in einer größeren Stadt, der Wohnort ist 60 bis 90 Minuten entfernt. Aus Effizienzgründen kaufen wir auch gleich in der Stadt ein und nehmen den Einkauf nach der Arbeit mit nach Hause. Zwischendurch stellen wir uns jedoch die ernste Frage, wo lebe ich eigentlich? Denn außer der Straße, in der wir wohnen, und dem Weg der Joggingrunde kennen wir im Dorf niemand.
Dieses kurze Beispiel kann 1:1 in die virtuelle Welt übernommen werden. Wenn ich nur ein Profil mit Lebenslauf erstelle, ansonsten aber nicht sichtbar bin und dies eigentlich auch nicht suche, bin ich nicht mehr vernetzt. Das ist wie in einem Dorf, in dem ich nur schlafe. In den virtuellen Netzwerken bieten uns Gruppen und Events den Rahmen, um uns einzubringen und unser Umfeld kennen zu lernen.
Deshalb empfehle ich, sich mit den einzelnen Netzwerk-Portalen, mit ihren Möglichkeiten und Anforderungen, intensiv zu befassen. Nur wenn wir einen Abgleich machen zwischen unseren Bedürfnissen und den Chancen, die uns die Portale bieten, nutzen wir sie auch effizient.
In den letzten Jahren deutet sich für mich an, dass die Gesellschaft sich in Zukunft in zwei Bereiche trennen wird: in jene Menschen, die am Ball bleiben, und jene, die den alten Gegebenheiten nachtrauern oder einfach den Anschluss verpasst haben und deshalb zurückbleiben.
Für mich war der Klick bei der Profilanmeldung im Jahr 2006 eine spontane Handlung, die mich beruflich neu positioniert und zu einem großen Engagement motiviert hat.
Seit über zehn Jahren begleite ich mit meinem Unternehmen PR Consulting GmbH stellensuchende Fach- und Führungskräfte. Ich zeige ihnen auf, wie sich der Bewerbungsmarkt durch die Digitalisierung verändert hat. Ich bin Autorin der Bücher EINFLUSSREICH NETZWERKEN und Referentin zum Thema «Strategische Online- & Offline-Vernetzung».
Seit 2014 bin ich Präsidentin der Stiftung SWONET – SWISS WOMEN NETWORK –, die aktuell über 140 Frauenorganisationen in der Schweiz vernetzt. Mit SWONET ON STAGE und SWONET DIGITAL starten wir zwei Projekte für die Sichtbarkeit von Frauen aller Branchen und Positionen. Ohne meine persönlichen Erfahrungen mit der XING Gruppe SWONET hätte ich diese Stiftung nicht gegründet.
Am 30. April 2021 bin ich seit 15 Jahren auf XING. 15 Jahre, die mir eine neue Welt eröffnet haben, die mir den Kontakt zu tausenden spannenden Menschen ermöglichten und die mir gezeigt haben, wie lebenslanges Lernen und Erfahrungsaustausch generationenübergreifend funktionieren können.