„Willst du gelten, mach dich selten“ – das war einmal. Ob offline oder online: Wer als Unternehmen in der Region nicht greifbar ist, bleibt unsichtbar. Vor allem für KMU, Start-ups, aber auch Organisationen mit Nischenprodukten und -themen ist der Zugang zu und Umgang mit der lokalen Community essenziell. Denn sie ist Kundschaft, Multiplikator, Belegschaft, Fanbase und Meinungsbarometer zugleich. Das eröffnet Potenziale vom Stärken der Arbeitgebermarke über das Ideen- und Innovationsmanagement bis hin zum Vertrieb und zur Kundenbindung.
Doch wie gelingt der Kontakt zur lokalen Community? Vor allem falls das Geld für teure Werbemaßnahmen, Sponsoring oder Messe-Auftritte fehlt. Wie können der Community Aufbau oder Kontakt aktuell – also vornehmlich online – gelingen? Gibt es hier für jede Art von Organisation einen passenden Weg?
Wir haben jemanden gefragt, der es wissen muss: Peter Hirtler. Als Experte für Kontaktbeschaffung und Ambassador der XING Community Freiburg bringt er täglich die Menschen und Unternehmen der Region zusammen. Im Interview gibt er einen Einblick, welche Organisationen ihn kontaktieren, welche Ziele sie dadurch erreichen können und wie es ihm gelingt, für sie, selbst im Lockdown, die Brücke zur lokalen Community zu schlagen.
Ja, aber dann doch noch viel mehr. Im Grunde bin ich ja so etwas wie ein Heiratsvermittler für Firmen. Früher habe ich diese in Kontakt mit neuen Entscheidern gebracht. Heute vor allem mit Kandidaten. Meine Aufgabe besteht also darin, Menschen zu identifizieren, Informationen zu verteilen oder zu erhalten und bestenfalls Menschen miteinander an einen Tisch zu bringen, die sich etwas zu sagen haben. Mein Team aus Kooperationspartner·innen und ich sorgen im Vorfeld durch Ansprache, Auswahl und in Vorgesprächen dafür, dass die Qualität des dann erfolgenden Austausches auf dem höchstmöglichen Niveau stattfinden kann.
Mittlerweile hat es sich in der Region herumgesprochen, dass ich über ein großes Netzwerk verfüge, tolle Kooperationspartner·innen und praxiserprobtes Know-how zur Identifikation neuer Kontakte habe – Stichwort „active sourcing“. Ich stelle fest, dass das bei Unternehmen, zumindest in der Tiefe, oftmals nicht vorhanden ist. Wenn sie mich kontaktieren, dann also mit dem Ziel, neue Dinge auszuprobieren oder eben über neue Wege schneller zu einem aktuellen Unternehmensziel zu gelangen.
Es geht um das Thema Erlebnis. Events haben einfach eine ganz besondere Strahlkraft, die Unternehmen effektiv den Zugang zur lokalen Community verschafft. Ein Unternehmen oder eine Organisation zu erleben, hat einen großen Effekt, vor allem in Bezug auf die Art, wie Menschen im Anschluss darüber berichten. Gerade bei einem Backstage Event – wie ich sie gern organisiere – kann man viel besser eintauchen und sich begeistern lassen, als es zum Beispiel bei einem reinen Vortrag der Fall ist. Ein Event bedeutet ja auch immer, dass Menschen auf vielerlei Ebenen zusammenkommen. Ich nenne es den Netzwerk-Effekt. Durch Gespräche entsteht Sympathie, aus Sympathie entsteht Hilfsbereitschaft. Durch die Hilfe eines gerade noch Fremden kann aber eine Empfehlung entstehen, die sehr schnell Früchte trägt. Und darüber bin ich jedes Mal wieder begeistert und natürlich auch froh, dass ich mit meinen Events dazu beitragen kann, dass dies letztendlich passiert.
Sehr viele! Denn ein Backstage Event muss allen Beteiligten einen Vorteil bieten. Bei diesem Blick hinter die Kulissen lernen die Teilnehmer·innen hautnah ein Unternehmen kennen und sollten im Anschluss an einen Rundgang noch genug Zeit haben, mit den anderen Teilnehmenden und den Mitarbeiter·innen des Unternehmens zu netzwerken. Das öffnet eine Tür, die sonst für Außenstehende verschlossen bleibt, und vermittelt ihnen einen authentischen Einblick sowie direkten Zugang. Und natürlich hat auch schon der ein oder andere Gast die Möglichkeit gehabt, im Nachgang oder vor Ort ein Angebot abzugeben oder direkt einen Auftrag zu erhalten. Das Unternehmen wiederum kann ich durch das Event in den Mittelpunkt der Community stellen. Dazu braucht es keine laute oder bunte Verkaufsshow, das passiert durch die ernst gemeinte Einladung und freigeräumte Zeit von allein. Denn ich lade dann alle 10.700 Mitglieder meiner Freiburger XING Community ein und bewerbe das Event zusätzlich über die gesamte XING Plattform. Dadurch erhält das Unternehmen schon im Vorfeld Reichweite. Im Nachgang schreibe ich einen Bericht über das, was wir vor Ort erlebt haben. Dabei kann man auch erwähnen, was dem Unternehmen aktuell am wichtigsten ist, wie Jobangebote inklusive eines Verweises auf die Karriereseite, ein besonderes Produktangebot oder eine Verkaufsaktion. Auch die Teilnehmer·innen sprechen online wie offline darüber, was sie beim Backstage erlebt haben. Das schafft gerade im lokalen Umfeld enorm wichtige Reichweite für das Unternehmen.
Ja, sogar sehr gut. Einen einleitenden Vortrag von einer Führungskraft des Unternehmens, einen anschließenden Rundgang und die Möglichkeit zum Austausch – mit ausreichend Vorbereitung kann das auch ein Online-Event leisten. Danach kann man sich immer noch in sogenannten Breakout Rooms mit anderen Teilnehmer·innen treffen. Diese werden von mir und meinem Co-Moderator bereitgestellt. Wahlweise werden die Menschen dabei bunt zusammengewürfelt, was durchaus den Charme der Überraschung hat, oder aber man kann als Gast gezielt nach Thema oder nach Fachbereich beziehungsweise Referent einen bestimmten Raum aufsuchen. So kommt auch online das Netzwerken nicht zu kurz.
Im Grunde funktioniert es so wie offline auch. Ein sehr gutes Beispiel ist mein Online Backstage mit der IHK Südlicher Oberrhein im vergangenen November. Die IHK hat es sich zum Ziel gesetzt, die einzelnen Ressorts und Aufgabenfelder der Organisation bekannter zu machen. Die Menschen in der Region sollten wissen, welche Leistungen die IHK den Mitgliedern bietet. Also haben wir gemeinsam ein großes, virtuelles Backstage Event auf die Beine gestellt. Dazu wurde ein kleines Filmstudio zur Live-Übertragung in einem großen Sitzungssaal eingerichtet. Dort haben sich im 10-Minuten-Takt die Akteure vor der Kamera abgewechselt. So haben die Bereichsleiter·innen kurz etwas über die Leistungen für die Mitglieder erzählt. Zusätzlich wurde der Präsident aus einer Zweigstelle online hinzugeschaltet. Im Anschluss konnten wir verschiedene virtuelle Räume anbieten, in denen die Referent·innen, der Hauptgeschäftsführer und der IHK-Präsident jeweils vertreten waren. Die Teilnehmer·innen konnten dann frei auswählen, in welchen Raum sie zwecks Fragen oder zum Netzwerken eintreten wollen. Virtuell abgebildet haben wir das mithilfe der Software alfaview. Letztendlich ist es auch eine tolle Gelegenheit, wenn man in Zeiten von Corona eigentlich keine Firma von innen sehen darf, man aber dann bequem von zu Hause willkommen geheißen wird.
Ganz ehrlich, ich kann mir jedes Unternehmen und jede Organisation vorstellen. Meiner Meinung nach gibt es keine Beschränkungen oder Präferenzen. Wir hatten wirklich alles dabei: Vom Achterbahnbauer über Medizintechnik, Lebensmittelhändler, Bundesligaverein, Fotobuch-spezialisten, Stahlwollehersteller, Bäckerei und IT-Dienstleister bis hin zum Online-Shopping-Riesen. Es gibt immer und überall tolle Geschichten zu hören, Menschen zu erleben und Begeisterung zu verbreiten. Die Unterschiede liegen dann in der Umsetzung. Manche Firmen haben uns mit offenen Armen und durchdachten Konzepten empfangen, andere waren von vornherein sehr reserviert und haben sich damit leider nicht von ihrer besten Seite präsentiert. Das ist schade. Denn wie schon gesagt, die Firmen profitieren von der Online-Reichweite und von der Mund-zu-Mund-Propaganda. Das stärkt natürlich die Arbeitgeberattraktivität enorm. Und darum geht es den meisten ja: nahbarer sein und sich regional präsentieren.
Wenn ich als Unternehmen Reichweite über Communities erzeugen möchte, dann gilt es einfach, den Markt zu beobachten. Also welche Netzwerke gibt es denn da draußen, auf die man zugehen kann? Bei uns in der Region – und das trifft sicherlich auch auf andere Regionen zu – wären das zum Beispiel der Marketing Club, die Wirtschaftsverbände wie WVIB und BVMW, die IHK, die Service Clubs wie Lions und Kewanis, Frauengruppen wie der Bund der Unternehmerinnen, Interessengemeinschaften wie VDI und VDE, Offline- oder Online-Communities, die privat geführt sind und viele mehr. Potenziell relevante Gruppierungen findet man zum Beispiel auf Plattformen wie XING. Bietet man dann an, das eigene Unternehmen zu besuchen oder als Gastgeber für einen Vortrag zu fungieren, trifft man sicherlich auf offene Ohren. Nach der Umsetzung kann man die interessantesten Teilnehmer·innen dann wieder online als Kontakt anfragen. Im besten Fall gibt es einen internen Bericht der Netzwerke oder gar der regionalen Presse. Außerdem kann man das Event auch in sozialen Medien verbreiten. Das schafft dann wieder die gewünschte Reichweite.
Sie stehen bereits im Fokus Ihrer lokalen Community? Dann gilt es nun, eine nachhaltige und starke Gemeinschaft aufzubauen. Es braucht jemanden, der sich darum kümmert, sie pflegt und auf Dauer ein angenehmes, natürliches Umfeld schafft. Mit anderen Worten: Sie werden zum Community Manager. Ein paar Tipps dazu haben wir Ihnen in unserem Artikel „Community Management – von der Gründung bis zur Pflege“ zusammengefasst.