Eventplanung während Corona

Corona und andere Krisen – was sie für Events bedeuten Gastbeitrag von Kerstin Hoffmann-Wagner | selbstständige Eventberaterin, zertifiz. Trainerin und Speakerin

In diesem Beitrag dreht sich alles um das Thema Corona und andere Krisen und ihre Auswirkungen auf die Eventbranche. Dazu gehören auch die Veränderungen im Verhalten der Teilnehmenden, die neuen Anforderungen an Eventplaner·innen sowie an die zu gestaltenden Events.

XING Events Lesetipp: Krisenmanagement für Veranstalter: vom Chaos zu neuer Ordnung

Die erste große Krise für viele Eventplaner·innen

Lassen Sie mich in das Thema mit einer Frage einsteigen, von der ich glaube, dass Sie diese garantiert beantworten können:

Wissen Sie noch, was Sie am 11. September 2001 gemacht haben?

Ich denke, Sie wissen es. Ich selbst weiß es noch sehr genau: Ich war damals aktiv im Eventmanagement eines großen Finanzunternehmens in Frankfurt im 49. Stock eines Hochhauses, mit Blick auf den Frankfurter Flughafen, tätig. Vielleicht können Sie sich vorstellen, wie ich mich damals in diesem Büro, mit diesem Ausblick und den eintreffenden, sehr unklaren und zugleich katastrophalen Nachrichten gefühlt habe. Keiner wusste, was noch auf uns zukommt und wir haben uns gefragt, ob auch weitere Metropolen betroffen sein könnten. Eine sehr unklare Situation, die viele von uns damals sehr verunsichert hat. Das brachte auch Auswirkungen auf unsere Branche und auf Veranstaltungen mit sich.

Veranstaltungen, wie zum Beispiel das Oktoberfest, wurden abgesagt. Jedoch trafen, im Gegensatz zur Corona-Krise, diese Absagen bei Weitem nicht alle Events. Zeitgleich haben sich viele Eventplaner·innen Fragen gestellt, die viele von uns bis dahin wenig beschäftigt hatten:
 

  • Gibt es eine konkrete Bedrohungslage für unsere Veranstaltung?
  • Haben wir ein Sicherheitskonzept?
  • Sind wir auf ein Krisenmanagement vorbereitet?
  • Brauchen wir Sicherheitsvorkehrungen, wie Einlass- oder Taschenkontrolle, für unser Event?

Ab diesem Zeitpunkt jedoch begann ich, wie vermutlich viele andere auch, mich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Wenig später konnten wir schon eine rasche Normalisierung bei der Planung und Durchführung von Events feststellen. Das galt und gilt auch für das Verhalten der Teilnehmer·innen. Veranstaltende wie auch Teilnehmer·innen haben sich schnell wieder in Sicherheit gewogen. Schwinden die Schlagzeilen aus den Medien der ersten und zweiten Reihe, stellt sich bei vielen ein Gefühl der Normalität ein. Das lässt sich bei Krisen häufig beobachten.

Wer sich für dieses Thema im Detail interessiert, dem empfehle ich das Buch “Flucht nach Utopia – Events im Zeitalter der Angst” von Katharina Leest (Katharina Leest: Flucht nach Utopia – Events im Zeitalter der Angst. Springer/Gabler, 2019). Hier geht es auch um den Spagat Sicherheit versus Freiheit und den Aspekt, dass jede·r ein individuelles Bedürfnis nach Sicherheit hat.

Etwas anders sehen nun die Risikowahrnehmung und Auswirkungen auf die Eventbranche seit März 2020 aus.

Auswirkungen auf Events seit Corona

Die Corona-Pandemie: Das ist eine Krise, die in dieser Form noch nie da gewesen ist – zumindest aus meiner Wahrnehmung und mit Blick auf den enormen Einfluss auf sämtliche Veranstaltungen. Aus dieser Krise sind wir im Allgemeinen sowie in der Eventbranche noch nicht heraus. Sie bestimmt unser Tun und Handeln in allen Lebensbereichen. Schauen wir auf die Auswirkungen auf die Eventbranche, so können wir folgende Änderungen feststellen:

  • Generelle Absagen von Events und Messen – es gab ein komplettes Aus für die gesamte Branche.
  • Schrittweise Wiederaufnahme unter strengen Hygienevorgaben – vor allem im Jahr 2021.
  • Starkes Wachstum an Online-Formaten – das ist neu, das gab es zuvor nicht.
  • Differenziertes Teilnahmeverhalten – anders als bei den Krisen zuvor hat sich das Verhalten tatsächlich geändert.

Corona hat uns gezeigt, dass es Krisen gibt, auf die wir zunächst einmal keine Antworten haben und dass wir lernen müssen, mit diesen umzugehen. Wer konnte, hat auf online umgestellt.

Darüber hinaus gibt es einen weiteren wichtigen Aspekt rund um die Corona-Krise und das veränderte Teilnahmeverhalten: das individuelle Sicherheitsbedürfnis. Allerdings bedienen wir viele Zielgruppen, die mit Veranstaltungen und diesen Konzepten weniger Berührung haben und deshalb noch sehr verunsichert sind und sich vorsichtig verhalten. Ihnen ist im Gegensatz zu uns, die sich täglich mit Hygienekonzepten und -vorschriften beschäftigen, nicht bewusst, wie sicher Events sein können.

In meinen Gesprächen höre ich und auf Social Media lese ich Kommentare wie:


„Präsenz fühlt sich noch nicht wieder richtig an ...”

„Ich fühle mich einfach noch nicht wieder sicher bei Events ...”

„Ich bin wählerischer geworden ...”

Ist das nun nur ein Gefühl von mir oder gibt es dafür bereits Beweise? Es gibt mittlerweile immer mehr Umfragen dazu und erste Studien werden gerade durchgeführt. Bis diese veröffentlicht werden, habe ich Ihnen die Ergebnisse aus drei Umfragen mitgebracht, die erste Einsichten in das veränderte Teilnahmeverhalten geben.

XING Events Lesetipp: 8 Technologien für hygienische Offline-Events in Corona-Zeiten

Das veränderte Teilnahmeverhalten

Schauen wir auf die Ergebnisse drei aktueller Umfragen.

Meine eigene Blitzumfrage

In meiner Community auf Social Media habe ich die Menschen gefragt: „Wie sieht Ihr Teilnahmeverhalten heute aus?” und ließ dabei im Kern drei Antwortmöglichkeiten zu:

  • Ich gehe wieder zu Offline-Events.
  • Ich bevorzuge die Online-Variante.
  • Es ist mir egal.

An dieser Blitzumfrage haben 63 Personen teilgenommen. Damit ist die Umfrage nicht repräsentativ, vermittelt jedoch ein sehr gutes Stimmungsbild. Interessant sind hierbei die Ergebnisse, die ich, nach Social Media-Kanal getrennt, mitgebracht habe.

Auf Facebook und LinkedIn haben mir überwiegend Menschen geantwortet, die in der Eventbranche tätig sind. Diese sprachen sich mehrheitlich für den erneuten Besuch von Offline-Events aus. Während die Menschen, die mir auf Twitter antworteten und überwiegend nicht als Event-Professionals tätig sind, heute Online-Events bevorzugen.

Vor allem auf Facebook haben mir die Menschen sehr ausführlich geantwortet. Der Tenor dieser Antworten lautete: „Online-Events eignen sich vor allem für die Vermittlung von Content, während sie Offline-Events für das Netzwerken bevorzugen.”

Ebenso interessant ist, dass die Mobilität heutzutage viel stärker in den Vordergrund gerückt ist. Menschen genießen es, auch ortsunabhängig an Veranstaltungen teilzunehmen. Dabei möchte ich mich selbst davon nicht ausschließen und habe in den letzten eineinhalb Jahren an vielen Veranstaltungen teilgenommen, zu denen ich normalerweise nicht hingefahren wäre. Die ortsunabhängige Teilnahme an Events ist ein enormer Vorteil, den ich sowie viele andere Personen nicht mehr missen möchte(n).

Darüber hinaus ist die Qualität der Veranstaltung für die Teilnehmenden wichtiger als zuvor. Das ist etwas, das wir als Eventplaner·innen ernst nehmen sollten. Die Menschen fragen sich „Lohnt es sich für mich, vier Stunden mit der Bahn und Maske durch die Republik zu fahren?”, um dann vielleicht enttäuscht zu sein. Vielleicht weil sie dann niemanden Interessantes treffen oder weil sie schlechte Redner·innen sehen. Teilnehmer·innen wägen viel mehr ab als vor der Pandemie. Es gibt nicht mehr das eindeutige „Ja, ich komme.” oder „Nein, das Event interessiert mich nicht.”, sondern „Ich komme unter diesen und jenen Vorzeichen.”.

Vermutlich sind diese Aussagen nicht nur für meine Community zutreffend. Eine ähnliche Umfrage von Mainz Congress habe ich vor Mitte Oktober auf LinkedIn gesehen. Auch hier gab es ähnliche Antworten und der Trend der Teilnehmenden hin zu „Ich möchte mir aussuchen, ob ich online oder onsite dabei bin.” war klar erkennbar.

Eine weitere Umfrage, auf die ich in der Vorbereitung zu diesem Beitrag aufmerksam wurde, ist die „Quo vadis, Großevents?” von der Veranstalterin WOMEN&WORK, der Event-Plattform trember und Bloggerin Katrin Taepke von MICEstens digital.


Auf diese drei Fragen und Ergebnisse möchte ich Ihr Augenmerk lenken:

  • „Werden Sie Großveranstaltungen mit Freizeitcharakter weiterhin besuchen?“
    Eine Veranstaltung mit Freizeitcharakter würde ich dabei auch als eine Netzwerk-Veranstaltung einstufen. Hier geht es vor allem um die Begegnung. Die Antwort darauf ist eindeutig. 72 Prozent der 231 Befragten würden diese Art von Veranstaltung gern wieder in Präsenz besuchen.
  • „Werden Sie Großveranstaltungen mit beruflichem Bezug weiterhin in Präsenz besuchen?“
    Diese Art von Event würde ich gleichsetzen mit der zuvor vorgestellten Fachveranstaltung, bei der es vor allem um Content geht. Hier bestätigt diese Umfrage die Ergebnisse meiner Blitzumfrage. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, diese Art von Veranstaltung nicht mehr in Präsenz besuchen zu wollen.
  • „Bei Großveranstaltungen erwarte ich zukünftig eine virtuelle Komponente.“
    So kann ich mir als Teilnehmer·in aussuchen, ob ich online oder onsite dabei bin. Dieser Aussage stimmen fast 70 Prozent zu. Das ist neu für uns Veranstaltende und damit müssen wir lernen, umzugehen.
Quelle: https://www.micestens-digital.de/news/gross-events-umfrage/

Schlussfolgerungen aus den veränderten Bedürfnissen und Anforderungen der Teilnehmenden

Eventplaner·innen müssen künftig mehr auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden achten – mehr als wir es in der Vergangenheit getan haben. Doch wie setzen wir das um? Wir müssen ins Gespräch kommen und im Gespräch bleiben. Mit anderen Worten: Wir müssen Community Management betreiben.

Wir als Veranstaltende müssen vor allem Beziehungen aufbauen, Feedback einfordern und auswerten sowie unsere Zielgruppen wirklich kennen und verstehen. Das bedeutet, wir müssen online und auf Social Media tatsächlich in den Austausch mit unseren Teilnehmenden und unserer Zielgruppe gehen und nicht nur Werbebotschaften rund um unsere Events verbreiten. Es geht darum, aktiv zuzuhören.

Künftig müssen wir als Eventplaner·in uns noch intensiver um folgende Fragen kümmern und diese lösen:

  • Offline, online oder doch hybrid?
    Wie soll mein Eventformat aussehen?
  • Nachhaltigkeit und inklusiv! Unsere Veranstaltungen müssen künftig nachhaltig und inklusiv sein. Es geht nicht mehr um das “Ob”, sondern um das “Wie”.
  • Diversität! Auch Diversität muss Bestandteil unserer Eventkonzepte sein.

Hier geht es um Bedürfnisse, die sich ändern werden. Den Menschen fällt auf, wenn Veranstaltungen nicht divers besetzt sind oder nicht nachhaltig umgesetzt werden. Es gibt Personen, die sagen „Dann komm ich nicht, wenn dies nicht erfüllt ist.”. Nehmen Sie diese drei Themen ernst, sie werden zukünftig Events bestimmen. Wichtig dabei ist, dass all das künftig nachprüfbar sein muss. Die gute Nachricht ist: Sie müssen nicht von null auf hundert starten. Jeder Schritt zählt. Die wichtigsten Aspekte dabei sind Transparenz und Glaubwürdigkeit.

Fazit

Es gibt kein „zurück zur Normalität” in der Eventbranche. Die Uhren haben sich viel schneller weitergedreht, als es uns an der einen oder anderen Stelle lieb war. Allerdings sind auch neue Wege und neue Alternativen mit Online-Formaten entstanden. Wir sollten den Wandel gestalten. Der Wechsel ist eingeleitet worden und das Verhalten der Teilnehmer·innen hat sich verändert. Change is coming whether you like it or not – das ist das Fazit für uns alle. Stellen wir uns auf diesen Wechsel ein und gestalten wir gemeinsam den Wandel.

Kerstin Hoffmann-Wagner selbstständige Eventberaterin, zertifiz. Trainerin und Speakerin

Seit über 20 Jahren ist Kerstin Hoffmann-Wagner im Eventgeschäft, seit 2012 selbstständig für Unternehmen, Verbände und Institutionen. Die Eventexpertin berät und trainiert heute vor allem zu den Themen Eventkommunikation via Social Media, Krisenmanagement für Events sowie Nachhaltigkeit, Inklusion und Barrierefreiheit für  Events und Messen. 2017 rief sie die „Women in events DACH“ ins Leben – das erste deutschsprachige Netzwerk für weibliche Eventprofessionals. Ihre Philosophie: "Zukunftsgerichtete Eventkonzepte sind nachhaltig, divers und inklusiv."
 

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