Kongress Organisation

Über die Organisation virtueller Kongresse an der LMU München Gastbeitrag Sabine Beutlhauser | Congress Center der LMU | basierend auf VExCon Vortrag 2020

In Vorbereitung auf diesen Beitrag habe ich mir das Interview, das ich letztes Jahr auf der VExCon gegeben habe, noch einmal angeschaut. Wir haben damals über die erfolgreiche Kommunikation und Planung wissenschaftlicher Veranstaltungen gesprochen. In diesem Zusammenhang sind die beiden folgenden Fragen aufgetaucht:

  • Wie wird Wissensvermittlung in fünf Jahren aussehen?
  • Wird sich die Präsenz bei Kongressen dank virtueller Elemente verringern?

Nun scheint es fast so, als hätten wir vor einem Jahr in die Glaskugel geblickt. Damals lautete meine Antwort, dass ich mir wünsche, virtuelle Veranstaltungen würden an Bedeutung gewinnen. Zum einen, weil Green Meetings immer wichtiger werden und ich denke, dass sich eine Universität vor einem gesellschaftlich relevanten Thema wie Nachhaltigkeit nicht verschließen kann. Zum anderen, weil es einfach den Zeitgeist trifft. Ich war und bin der Meinung, dass Referent·innen nicht um die ganze Welt fliegen müssen, um einen einzigen Vortrag in München zu halten.

Und gerade in diesem turbulenten Jahr 2020 gewann die digitale Erweiterung bisher offline geplanter Veranstaltungen eine noch tiefergehende Bedeutung. Die Corona-Krise hat natürlich auch vor den Türen der Universität keinen Halt gemacht und den universitären Alltag sowie unser Kongressgeschäft komplett auf den Kopf gestellt.

Wie sah letzteres bislang aus? Kurzum: Für den organisatorischen Teil eines Kongresses gibt es das Congress Center der LMU München. Es ist die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Veranstaltungsmanagement. Das heißt, wir unterstützen alle Mitarbeitenden der LMU bei der Planung und Durchführung wissenschaftlicher Veranstaltungen.

Und so sieht es aktuell bei uns aus:

Über die Organisation virtueller Kongresse an der LMU München: World is temporarily closed

Wir selbst arbeiten aus den Home-Offices und unsere wissenschaftlichen Tagungen und Kongresse wurden alle abgesagt. An der LMU selbst fanden sowohl das Sommer- als auch das Wintersemester digital statt. Tagungen, Kongresse und vergleichbare Veranstaltungen sollen wann immer möglich virtuell stattfinden.
 

Warum Kongresse wichtig sind

Wissenschaftliche Veranstaltungen sind

  1. ein Instrument, um Forschung und Universität international sichtbar zu machen,
  2. ein wichtiger Bestandteil von Forschungsprojekten,
  3. ein Vorteil im Wettbewerb um die besten Köpfe.

Der letzte Punkt ist für eine·n Wissenschaftler·in ein Entscheidungskriterium für oder gegen eine Universität. Wir konkurrieren hier mit den großen amerikanischen Universitäten. Kongresse sind also wichtig, um Forschung sichtbar zu machen – auch in der virtuellen Welt.

Doch Kongresse sind nicht nur wichtig, Kongresse sind auch richtig beliebt. Wir haben im ersten Halbjahr 2020 Umfragen in den verschiedensten Fachbereichen an unseren 18 Fakultäten durchgeführt und das Ergebnis war stets das gleiche: Die Menschen wollen sich treffen.

Ein Beispiel habe ich Ihnen mitgebracht. Hier wurde gefragt „Welchen Faktor gewichten Sie höher? Das jährliche Ritual als Familientreffen oder den thematisch inhaltlichen Austausch?“ Die Antwort war eindeutig: 62 Prozent sagen, dass sie ihre Kolleg·innen persönlich treffen wollen. Das ist der Grund für ihre Kongressteilnahme.

Über die Organisation virtueller Kongresse an der LMU München: Weitere Ausschnitte aus der Umfrage zur Gewichtung von Kongressen
Weitere Ausschnitte aus der Umfrage zur Gewichtung von Kongressen

Die weiteren Ausschnitte aus der Umfrage zeigen uns: Es geht im Kern immer darum, sich auszutauschen, sich zu treffen und Emotionalität sowie Zufälligkeit zu erleben – also im Kern all das, was in der virtuellen Welt schwer abbildbar ist.

Und dennoch: Kongresse und Konferenzen haben sich in den letzten Jahren nicht wirklich weiterentwickelt.Science Conferences Are Stuck in the Dark Ages” – zeigt eine Konferenz mit Albert Einstein aus dem Jahr 1933. Und daran hat sich im Prinzip nichts geändert. Wer sich heute einen Konferenzraum und die Keynotes anschaut, sieht, dass noch immer frontale Vorträge vor vielen Menschen gehalten werden.

Was ist bei virtuellen Veranstaltungen anders und was bleibt gleich?

Im März hatten wir überhaupt keine Ahnung, wie man virtuelle Veranstaltungen umsetzt. Doch aus der Not wurde eine Tugend. Mittlerweile kann ich sagen: Wir haben einen Quantensprung beim Wechsel ins Virtuelle gemacht und können die neuen Interaktionsformen online nun viel besser nutzen. 

Außerdem haben wir die Erfahrung gemacht, dass wir ungefähr dreimal so viele Teilnehmer·innen bei virtuellen Veranstaltungen erreichen. Das lässt sich natürlich leicht erklären: Man muss nicht reisen und kann sich bequem von zu Hause oder aus dem Büro einwählen. Wer keine Lust mehr hat, „klickt“ sich einfach wieder raus. Das bedeutet, der Aufwand für die Teilnehmenden ist deutlich geringer, wenn es keinen physischen Veranstaltungsort mehr gibt.

Allerdings erfordert das auch ein enormes Umdenken beim Eventdesign. Als Veranstalter·in hat man zwar das gleiche Ziel, nämlich die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse zu vermitteln, braucht aber eine ganz neue Taktik.

Und auch die Technologie ist anders. Sie findet bei klassischen Konferenzen oft nur am Rande statt, während sie bei einem virtuellen Event im Mittelpunkt steht. Wichtig ist, dass die ausgewählte Plattform flexibel und intuitiv bedienbar ist. So kommen sowohl Ihre Teilnehmer·innen leichter damit klar als auch Sie als Veranstalter·in.

Wir arbeiten an der LMU vorrangig mit Zoom. Bis zu einer gewissen Größenordnung, sprich bis zu 3.000 Teilnehmenden, deckt das Tool unsere Anforderungen gut ab.

Vor- und Nachteile von virtuellen Kongressen

Schauen wir uns zunächst die Vorteile von virtuellen Veranstaltungen an.

Der größte Vorteil ist sicherlich, dass ein Digitalkongress von überall zeitlich flexibel zugänglich ist. Außerdem sind die Inhalte auch nach dem Kongress noch abrufbar. Gerade das ist bei großen Veranstaltungen mit vielen parallelen Sitzungen ein wichtiger Punkt.

Die Daten ermöglichen zudem wertvolle Analysen und Matchmaking. Das bedeutet, Sie können sich viel genauer ansehen, was Ihre Teilnehmenden brauchen und Sie können jeden Aspekt Ihrer Veranstaltung besser analysieren.

Und auch die Industriestände sind nach dem Kongress noch online. Das ist gleichzeitig ein Vorteil für Sponsor·innen: deren Materialien können nach dem Kongress noch heruntergeladen werden. Das führt auch dazu, dass die vielen gedruckten Broschüren und Informationen wegfallen. Vieles davon landete bisher meist auf dem Müll. Ein virtueller Kongress ist also auch in diesem Punkt nachhaltiger als bisher angenommen.

Daneben entfallen die Kosten für die Raummiete, für das Catering und für das Rahmenprogramm und Veranstalter·innen können vergünstigte Tickets anbieten. Darüber hinaus müssen die Teilnehmenden keine Reisekosten aufwenden. Gerade das ist für junge Wissenschaftler·innen ein relevanter Punkt. Beachten muss man allerdings, dass Kosten für die neue Technologie anfallen.

Nachteile von virtuellen Kongressen

Der direkte Austausch vor Ort entfällt – wie schon erwähnt. Deshalb denke ich, dass es auch in Zukunft persönliche Treffen und analoge Veranstaltungen geben wird.

Außerdem haben wir festgestellt, dass der Aufwand für die Referierenden höher ist. Es ist eben nicht so, dass sie wenige Minuten vor dem Vortrag mit der Präsentation erscheinen und diesen dann halten. Im Gegenteil. Referierende müssen den Vortrag deutlich früher fertigstellen und genau das mögen Wissenschaftler·innen nicht besonders gern. Außerdem bedeutet die Aufzeichnung einen höheren Aufwand. Damit verbunden sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Urheberrecht.

Darüber hinaus gibt weniger aktive Kontaktmöglichkeiten für die Industrie.

Können wir Kongresse neu denken?

Ich denke, dass es immer wichtiger wird, das genaue Ziel eines wissenschaftlichen Kongresses zu definieren. Wenn Sie diesen Purpose ganz klar bestimmen, können Sie bei der Initiierung der Veranstaltung die besten Dinge aus beiden Welten miteinander verbinden. Setzen Sie den Kongress von Beginn an so auf, dass er ideal ist für das, was Sie erreichen möchten.

Außerdem denke ich, dass die neue Kongresswelt hybrid sein wird- Zum einen, weil wir uns immer noch treffen wollen und zum anderen, weil die Vorteile der digitalen Variante einfach zu stark sind, als dass wir diese wieder komplett abschaffen sollten.

Fazit

Nutzen Sie die Vorteile beider Kongress-Formate, die der virtuellen und die der analogen und verbinden Sie das Beste aus beiden Welten. Denken Sie daran, dass Sie dank der eingesparten Ressourcen für Catering, Tagungsmiete und Anreisen die Kosten für die Teilnehmenden senken und somit deutlich mehr Personen erreichen können. Dann sind auch Sponsoren bereit, Sie und Ihre Kongresse weiterhin zu unterstützen – vor allem dann, wenn Sie Ihnen helfen, die Kontaktaufnahme im virtuellen Raum zu erleichtern.

Lust auf weitere Einblicke in die Arbeit des Congress Center an der LMU? In Sabine Beutlhausers VExCon Vortrag 2020 erfahren Sie mehr.

Sabine Beutlhauser Leitung Congress Center, LMU München

Sabine Beutlhauser ist Profi für wissenschaftliche Veranstaltungen und leitet das Congress Center der LMU München. Das Congress Center ist die Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Kongresswirtschaft und Veranstaltungsmanagement. Das heißt: Sie unterstützt mit ihrem Team Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der LMU bei der Planung und Realisierung von Kongressen.

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