Die Corona-Pandemie hat die Eventbranche einmal auf links gedreht. Aus Eventorganisator·innen wurden Show-Produzent·innen auf Online-Plattformen, aus dem Caterer vor Ort wurde ein Lieferservice und Kochshow-Produzent für ein großes Publikum, aus dem Anbieter für Teilnehmermanagement oder Event-Apps wurde ein Full Service-Dienstleister oder Plattform-Anbieter. Gleichzeitig haben wir alle erfahren und gelernt, dass Events (zumindest teilweise) sehr gut online stattfinden können.
Doch verändert haben sich nicht nur die Akteure und deren Veranstaltungen, sondern auch die Medien, die regelmäßig darüber berichten. Darunter auch das Fachmagazin mep, das gerade einen Relaunch plant und sich über verschiedenste Kanäle neu organisiert. Wir haben mit Thomas Scholz (Chefredakteur, TS) und Julian Gruber (Redakteur, JG) über das Projekt gesprochen, das mal wieder beweist: Die Eventbranche beherrscht zwei Talente besonders gut – Flexibilität und Kreativität.
Hallo Herr Scholz, hallo Herr Gruber, schön, dass Sie sich Zeit für unser Interview nehmen. Starten wir mit einer kurzen Vorstellung: Was müssen unsere Leser·innen über Sie wissen?
TS: Die mep erscheint im gesamten deutschsprachigen Raum und zwar hybrid – sowohl nach wie vor als Printausgabe wie auch 1:1 online, ergänzt um tagesaktuelle News. Grundsätzlich berichten wir weltweit, besonders aber natürlich über D-A-CH und Europa. Mir persönlich kommt dabei sicherlich zugute, dass ich nach dem VWL-Studium vor über 30 Jahren den Weg in die internationale Veranstaltungswirtschaft gefunden habe und diese seitdem ohne Unterbrechung beobachten und begleiten darf.
JG: Unser Ziel ist es auch, Stillstand zu vermeiden und unser Angebot für unsere Leser stets modern zu erweitern. Hierfür profitiere ich persönlich von meinem Masterstudium der Medienwissenschaft, durch das ich regelmäßig das Medienangebot unserer Online-Plattform hinterfrage und versuche zu verbessern.
Die mep wurde vor 25 Jahren gegründet. Wie lange sind Sie schon dabei und was hat sich alles verändert?
TS: mep stand früher für „Marketing Event Praxis“ und hat 2013 einen inhaltlichen Komplett-Relaunch mit MICE-Fokussierung unter dem neuen Beinamen „Fachzeitschrift fürs int. MICE-Business“ vollzogen. Ich selbst bin aktuell acht Jahre „dabei“, seitdem ich Anfang 2013 die Chefredaktion übernommen habe. Was sich in der Branche so alles getan hat, würde den Rahmen hier sprengen; ich würde als ein wichtiges Stichwort „Professionalisierung der Ausbildung“ herausgreifen. Das belegt die inzwischen so hohe Zahl öffentlicher wie auch privater Institutionen, wo man in den meisten Fällen sehr gut und mehrjährig fürs Eventmanagement qualifiziert wird.
JG: Ein paar Monate später bin ich zum mep-Team gestoßen. Während meines Praktikums entstand der neue Online-Auftritt der mep, den ich in den folgenden Jahren parallel zu meinem Studium begleiten durfte. Seit 2020 bin ich ausschließlich in der Redaktion unseres Magazins tätig. In diesen acht Jahren habe ich auch die MICE-Branche kennengelernt – sofern man das überhaupt sagen kann bei einer Branche, die sich ständig verändert und neu erfindet.
Wie haben Sie persönlich, aber auch die Redaktion und das Verlagshaus die letzten 1,5 Jahre erlebt? Was haben Sie gelernt?
TS: Mir fällt da spontan die Aktion „Night of Light“ vor ziemlich genau einem Jahr ein, die es sogar in der Berichterstattung bis in die ARD Tagesschau geschafft hatte, und an der auch unser Verlagshaus teilgenommen hat. Seit unglaublichen 15 Monaten befindet sich die Veranstaltungs- und MICE-Wirtschaft nun im Dauer-Lockdown (!) und hat kaum Möglichkeiten, sich alternativ zu finanzieren. Wenn unser Kernprodukt die persönliche Begegnung von möglichst vielen Menschen ist und genau dies aus Pandemie-Gründen nicht mehr stattfinden darf, ist das Geschäft im Mark erschüttert. Jeder der da eine Möglichkeit des wirtschaftlichen Überlebens findet, verdient allergrößten Respekt!
JG: Die Branche war gezwungen, Begegnungen auf digitale Plattformen zu verlagern. Während die erste digitale Messe sicher etwas Spannendes, Neues hatte, hielt sich die Aufregung spätestens beim dritten Event doch in Grenzen. Zwar ist es auch beeindruckend zu sehen, wie schnell digitale Veranstaltungen immer professioneller und fehlerfreier wurden – oft reichen sie aber nicht aus. Es war für alle wichtig, die Branche in Zeiten der Pandemie zusammen zu halten, jedoch ist es jetzt wieder an der Zeit für Live-Veranstaltungen. Die Leute sehnen sich nach Begegnungen, denn so entstehen die wichtigen und bleibenden Kontakte. Dennoch sollten wir nicht vergessen, was wir in der Pandemie gelernt haben und welche neuen Tools uns jetzt zur Verfügung stehen. Hybride Veranstaltungen sind hier das derzeit beherrschende Stichwort.
Jetzt, 2021, stellen Sie das digitale Angebot mep-online.de neu auf. Was können Sie uns dazu erzählen? Und inwiefern hat die Corona-Pandemie die Entscheidung zum Relaunch beeinflusst?
TS: Na ja, auch wir müssen uns der Situation stellen und erkennen an, dass sich künftige Informationsbeschaffung bestimmt nicht nur, aber doch in einem zunehmenden Maße digital vollzieht. Es liegt also nahe, die Zeit zu nutzen, um den bereits vorhandenen Online-Auftritt weiterzuentwickeln. Unter dem Motto „MICE geklickt“ entsteht aus dem bisherigen Angebot, das in der Vergangenheit immer etwas im Schatten des Heftes, also des Printprodukts, stand, eine eigenständige Online-MICE-Plattform mit dem Anspruch, dass künftige Nutzer dort nach dem „One-Stop-Shop“-Prinzip alle relevanten Informationen finden, die sie brauchen.
JG: Bestrebungen, unseren Online-Auftritt weiter auszubauen und Mehrwerte für unsere Online- Leser zu schaffen, gab es natürlich schon länger. Doch wie etwa die Messen wurden auch wir durch die Pandemie etwas schneller zu unserem digitalen Glück gezwungen … Das fing mit einem Podcast als erste Ergänzung unseres Online-Angebots an und wurde dann durch viele weitere Dienste, wie unser Video-Portal „MICE gesehen“, ausgebaut. Dabei stehen zwei Punkte immer im Vordergrund: Die Branche bestmöglich zu informieren und ihr eine Plattform bieten, um sich der Welt zu präsentieren. Gleichzeitig wollen auch wir als Magazin in Zukunft noch mehr Präsenz zeigen, beispielsweise in den sozialen Medien wie XING.
Besonders interessant finde ich, dass Sie sich ein ganz vielseitiges „Ökosystem“ über verschiedenste Kanäle aufbauen – welche sind das genau und wie finden unsere Leser·innen dorthin?
TS: Dieses „Ökosystem“ bedeutet, dass die mep dreidimensionale Informationsebenen schafft, indem Inhalte per Video, per Podcast und natürlich auch per klassischem Content aufgenommen werden können. Im Video stellen sich gerne Destinationen, Locations und Tagungshotels unter dem Motto „MICE gesehen“ vor. „MICE gehört“ ist unser regelmäßiger Podcast, der auf 15 Minuten getaktet ist und wo sich Meinungsbildner und VIPs der Branche den Fragen der Redaktion im lockeren Gespräch stellen. Zu Gast waren bereits allseated, die DHBW Ravensburg, das GCB und das Stuttgart Convention Bureau.
JG: Viele unserer digitalen Angebote haben sich zu unserer Freude schnell etabliert. Für unseren Podcast finden sich regelmäßig spannende Gäste und auch in unserem Videoangebot gibt es immer mehr Player im MICE Bereich, die unsere Plattform nutzen, um sich im besten Licht zu präsentieren und die Branche über eigene Neuheiten zu informieren. Neu sind künftig die digitalen Visitenkarten, bei denen sich Einzelpersonen oder Teams im Videoformat vorstellen können. Im Aufbau befindet sich unsere neue XING Gruppe, in der Mitglieder schnell und direkt von neuen Artikeln, News und Videos auf unserer Website erfahren und stets auf dem neusten Stand sind.
Blicken wir in die Zukunft? Was wünschen Sie sich für die Eventbranche, die mep und vielleicht ganz persönlich?
TS: Klar, wie wohl die meisten von uns, wünsche auch ich mir spätestens in 2022 die Rückkehr zur Normalität der Präsenzveranstaltung. Weil die zwischenzeitliche Erfahrung mit digitalen Veranstaltungen gezeigt hat, dass digitale Treffen zwar deutlich besser als nichts sind, aber die persönliche Begegnung eben doch effektiver für die Kommunikations- bzw. Kontaktqualität ist. Oder anders gesagt: Menschen wollen eben Menschen treffen und nicht nur Menschen hinter Bildschirmen … Das hat übrigens auch mit der Verweildauer im Digitalen zu tun.
JG: Ich wünsche der Branche, dass sie die Zurückhaltung, die auf den ersten großen Veranstaltungen sicher noch herrschen wird, schnell ablegt. Außerdem sollte sie die positiven Neuheiten mit in die Zeit nach der Pandemie nehmen und die negativen Gefühle zurücklassen. Für uns als mep wünsche ich mir, dass wir weiter so motiviert bleiben, neue Angebote zu schaffen, auch wenn es keine Pandemie als „Motivationsschub“ gibt. Persönlich wünsche ich mir ab der zweiten Jahreshälfte so viele berufliche und private Veranstaltungen wie möglich. Es gibt viel nachzuholen.
Möchten Sie unseren Leser·innen noch etwas mitteilen?
TS: In Ergänzung zur vorherigen Frage – vielleicht sollten wir alle den aktuellen Einschnitt nutzen, um uns auch gesellschaftlich qualitativ zu hinterfragen. Die Zukunft wird auf Dauer vermutlich nicht im "Immer mehr“ liegen, sondern im „Immer besser“ …
JG: Ich beende es mal mit einem Satz, der in den letzten Monaten viel zu oft gefallen ist, aber einfach immer noch zu gut passt: Bleiben Sie gesund, wir haben es bald geschafft!
Herr Scholz, Herr Gruber, vielen Dank für das ehrliche und interessante Interview.