Und plötzlich waren alle Aufträge weggebrochen – ein Satz, den man derzeit viel zu häufig aus viel zu vielen Ecken der Eventbranche vernimmt. Ob Messeveranstalter oder Seminarleiter: Vielen wurde mit Start der Corona-Krise von heute auf morgen der Boden unter den Füßen weggezogen. Was tun? Am besten kreativ werden – und zwar schnell.
Also treten viele Veranstalter nach anfänglicher Schockstarre oder sondierender Zurückhaltung nun in Aktion: Sie erschaffen Online-Ableger ihrer beliebten Offline-Events. So zum Beispiel die re:publica, wie kürzlich berichtet. Doch welche Optionen haben die Einzelkämpfer und Hidden Champions der Eventbranche? Wir haben bei einem von ihnen nachgehakt.
Jürgen Dittmar, Host des Management 3.0 Stammtischs und Inhaber der Firma „cocondi Coaching Consulting Dittmar“, ist für gewöhnlich offline unterwegs. Er berät Kunden in Seminaren, Vorträgen und Coachings zum Thema Agile Leadership. Außerdem veranstaltet er zahlreiche Events und Stammtische zu diesem Fachgebiet. Im Interview erfahren Sie, wie er praktisch über Nacht zum Experten für Online-Events wurde und was er anderen auf dem Weg dorthin rät.
Wer ich bin? Wo soll ich da anfangen? Vielleicht ist es einfacher zu erklären, was ich mache. Ich bin so etwas wie ein Berater für echte Organisationsentwicklung auf Basis von agilen Prinzipien und Praktiken. Daher mein Claim: „Organisationen agil entwickeln“. Der Weg dahin war allerdings nicht so direkt. Als Diplom Geograph komme ich aus der Umweltplanung und IT. Als langjährige Führungskraft bei einem Telekommunikationsunternehmen entdeckte ich dann die Organisationsentwicklung und den Faktor Mensch als mein Thema. Daher habe ich mich in einer Coachingausbildung und einem Master in Arbeits- und Organisationspsychologie intensiver mit den Themen Agilität und Organisationsentwicklung auseinandergesetzt. Seit neun Jahren bin ich nun selbstständig und beschäftige mich nicht mehr mit Ökosystemen, sondern mit komplexen sozialen Systemen in Unternehmen.
Wie viele meiner Kollegen bin ich eigentlich erst durch die Corona-Krise so richtig mit Online-Events aktiv geworden. Ich treffe Menschen sonst gerne persönlich und so gab es bislang wenig Anreiz für mich, mich damit zu beschäftigen. Ab März waren aber plötzlich alle Aufträge weggebrochen und ich musste aus der Not eine Tugend machen. Die Umstellung war zunächst etwas aufwendig. Mittlerweile ist aber klar, dass Online-Events auch nach Corona eine wichtige Rolle für mich spielen werden.
Der Management 3.0 Stammtisch ist ja nun seit acht Jahren eine feste Institution hier in München. Dieser Stammtisch bietet eine Plattform für Menschen, die sich zu modernen und agilen Managementformen austauschen möchten. Dem zugrunde liegt das Buch „Management 3.0” von Jurgen Appelo. Mit über 1.200 Mitgliedern in der zugehörigen XING Community ist der Management 3.0 Stammtisch meistens innerhalb weniger Stunden ausgebucht. Das klappt auch online und bietet sogar viele Vorteile. Zum Beispiel können wir den Stammtisch plötzlich auf Englisch für die ganze Welt oder auf Deutsch für den ganzen deutschsprachigen Raum öffnen.
Die Videokonferenzplattform war hier – wie so häufig – Zoom. Das Ganze haben wir allerdings integriert in eine digitale Meetup-Plattform mit Namen iRooms, die zwei Kollegen aus dem Management 3.0 Stammtisch Netzwerk auch kommerziell anbieten. Das kommt sehr gut an – die je weit über 100 Teilnehmer bestätigen uns.
Nach dem Feedback der Teilnehmer zu urteilen, hängt der Erfolg eines solchen Events – neben den Inhalten – insbesondere von den Möglichkeiten ab, mit anderen interagieren oder sich aktiv beteiligen zu können. Einen Vortrag kann ich mir auch bei YouTube anhören. Wenn ich aber das Gefühl habe, mich in virtuellen Kleingruppen wirklich austauschen oder über Kollaborationstools gar an einem gemeinsamen Ergebnis mitwirken zu können, dann ist das fast wie ein echter Stammtisch. Dass man das nun ohne Reisezeit direkt von zu Hause aus kann, vom Sofa quasi, ist sicherlich auch ein wichtiger Mehrwert für die Teilnehmer.
Es kommt auf die Art des Events an. Für Online-Trainings bei Firmen sind die größten Hindernisse zum Beispiel die verfügbare Technik sowie Sicherheitsbedenken. So ist in vielen Firmen die Nutzung von Zoom nicht erlaubt und die Bandbreite sowie Bildschirmgröße von Mitarbeitern im Home Office ist mangelhaft. Insofern ist zunächst mal eine sehr gute technische Voraussetzung für den Erfolg mitentscheidend. Und dann kommt es natürlich auf die Gestaltung des Events an. Dabei ist wichtig, dass man nicht einfach Vorgehensweisen und Muster aus der Offline-Welt eins zu eins in die Online-Welt transferiert. Vielmehr geht es darum, die Chancen und Bedürfnisse von Online-Events zu begreifen und zu adressieren.
Aus meiner Erfahrung ist es das Beste, sich erst einmal ein paar gute Online-Events anzusehen, sich also mit den Möglichkeiten da draußen zu beschäftigen. Mittlerweile gibt es ja genug kostenfreie Events, in die man einfach mal reinschnuppern kann. Auch bei meinen eigenen Trainingskunden merke ich, dass – wenn sie einmal konkret in einem Online-Event mitarbeiten können – sehr schnell die Berührungsängste verlieren.
Auch Sie möchten Ihre Veranstaltung online anbieten? Mehr zu den Vorteilen und Herausforderungen bei virtuellen Events lesen Sie unter anderem in unserem Artikel „Virtuelle Events – enormes Potential für Eventveranstalter.“
Unser Fahrplan für Sie? Drei Bausteine für den Erfolg Ihrer Online-Events! Sie konzentrieren sich auf Ihr Event und wir kümmern uns um den Rest!